Wurstherstellung wie seit 1938: Die Gothaer Fleischerei der Familie Urban

Klaus-Dieter Simmen | TA

  | Lesedauer: 4 Minuten

GOTHA.  Fleischermeister Ralf Urban übernahm in Gotha vor 25 Jahren den Familienbetrieb. Mit mehreren Standbeinen hat er ihn zukunftssicher gemacht.

Vor 25 Jahren hat Fleischermeister Ralf Urban in dritter Generation das Geschäft übernommen, das sein Großvater Rudi 1938 schräg gegenüber vom Schlachthof in der Uelleber Straße eröffnet hatte. Der Großvater kaufte nach dem Krieg ein zerstörtes Wohnhaus auf dem Neumarkt, ließ es wieder aufbauen und hatte die Absicht, künftig in der Innenstadt seine Erzeugnisse anzubieten.

 

FRISCHE PRODUKTE AUF DEM MITTAGSTISCH

„Daraus wurde nichts, mein Opa hatte die Rechnung ohne die SED-Genossen gemacht. Die hatten nämlich beschlossen, dass es in der City nur sozialistische Verkaufsstellen geben sollte“, erzählt Ralf Urban. So blieb dem Firmengründer nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie im HO-Delikat Fleisch und Wurst aus dem Gothaer Fleischkombinat über den Ladentisch ging. Erst nach der friedlichen Revolution 1989 konnte Alfred Urban dann die Wünsche seines Vaters verwirklichen. Damit hatte Ralf schon mal zwei Standbeine, als er vor einem Vierteljahrhundert das Geschäft übernahm. Allerdings war ihm auch klar, dass das auf Dauer nicht ausreichen würde, um im Wettbewerb mit Supermarktketten zu bestehen. „Allein mit Fleisch- und Wurstwaren gab es keine Zukunft“, sagt er. Und so baute er einen Partyservice auf und begann, in beiden Filialen einen Mittagstisch anzubieten. „Das schließt sich ja in unserem Beruf nicht aus. Die Knochen beispielsweise, die nach dem Auslösen zurückbleiben, lassen sich prima zu einer Jus verarbeiten. Und das ist dann Grundlage für unsere Soßen“, erklärt der Fleischermeister.

 

Damit macht er zugleich deutlich, dass Convenience-Produkte in seiner Küche, in der übrigens drei Köche arbeiten, nicht verwendet werden. Das honoriere seine Kundschaft, sagt er. Ob in der Uelleber Straße oder am Neumarkt - Mittag für Mittag finden sich hier treue Essensgäste ein.

 

Wurstherstellung nach den Rezepten des Großvaters

Mit seinem Partyservice hat sich Urban ebenfalls einen Namen gemacht. Wohl auch deshalb, weil er im Laufe der Zeit einen erstaunlichen Fundus an Gläsern, Geschirr und Dingen erworben hat, mit dem sich jedes Fest entsprechend ausgestalten lässt.

Und Wurst wird natürlich auch gemacht, so wie seit 1938. „Es sind die Rezepte meines Großvaters, nach denen ich unsere Wurst herstelle. Da habe ich auch nicht vor, etwas daran zu ändern. Was sich bewährt hat, muss man behalten“, bekräftigt der Fleischermeister.

 

Nächste Generation steigt in Familienbetrieb ein

Lange sah es nicht so aus, als sollte der dritten Generation eine vierte folgen. „Mein Sohn Axel wollte lieber einen anderen Beruf lernen, einen, bei dem man nicht auch am Wochenende für die Kunden da sein muss.“

Der Vater ließ ihn gewähren. Um so mehr freute er sich, dass der Sohn schließlich doch umschwenkte und plötzlich in der Fortführung des Handwerksbetriebes seine Zukunft sah. Zurzeit lernt er einen zweiten Beruf, nämlich Fleischerfachverkäufer. Danach steigt er in das väterliche Unternehmen ein. Und auch die Tochter von Susanne und Ralf Urban könnte dem nützlich werden. Sie studiert Agrarwissenschaften. „Und wenn alles klappt, könnte sie uns später mit Bioprodukten von ihrem Hof beliefern“, blickt er voraus. Doch derzeit bezieht er sein Schweinefleisch aus der Region, nämlich Fleisch von Duroc-Schweinen aus der Nähe von Bad Langensalza. Urban macht keinen Hehl daraus, dass es dem Fleischerhandwerk nicht wirklich gut geht. Viele Betriebe, wie die Fleischerei Wetzel in Gotha, müssen schließen. Um so mehr freut es ihn, dass Sohn Alex im Unternehmen eine Zukunft sieht.

 

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